In Österreich absolvieren derzeit knapp 110.000 Lehrlinge eine Lehre. Die meisten beginnen bzw. durchlaufen die Ausbildung als Jugendliche, das heißt vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres. Während sich Lehrlinge im Verlauf der Ausbildung berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten mit stetig zunehmender Komplexität aneignen, werden Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz oft unmittelbar mit dem Einstieg ins Berufsleben schlagend.
Mit welchen Gefährdungen diese jungen Arbeitnehmer:innen konfrontiert sind, hängt natürlich stark vom jeweiligen Lehrberuf ab, oft geht es aber um:
Arbeiten mit gefährlichen Arbeitsstoffen,
Arbeiten unter physikalischen Einwirkungen,
Arbeiten unter physischen und psychischen Belastungen,
Arbeiten mit gefährlichen Arbeitsmitteln und
sonstige gefährliche Arbeiten, z. B. auf Gerüsten, Dächern.
Dass die jeweiligen Gefährdungen für junge Arbeitenehmer:innen leider öfter zu Arbeitsunfällen führen, zeigen u.a. die Unfallraten. Z.B. für Dienstnehmer:innen von Handwerks- und verwandten Berufen liegt die Unfallrate je 1.000 Beschäftigte der Altersgruppe 55 bis 64 bei 0,51; jene der Altersgruppe 35 bis 44 bei 1,02; aber jene der Altersgruppe unter 25 Jahren beträgt 1,67!
Gesetzliche Schutzbestimmungen für Lehrlinge
In der Berufsausbildung kooperieren Ausbildungsbetrieb und Berufsschule, wobei in der Berufsschule schulrechtliche Bestimmungen und im Ausbildungsbetrieb Arbeitnehmer:innenschutzvorschriften zur Anwendung kommen. Aus letzteren sind für Jugendliche besonders zwei Schutzbestimmungen zu nennen: das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz (KJBG) sowie die Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO).
Die Schutzvorschriften des KJBG betreffen u.a. die Arbeitszeit und Bestimmungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz. Hinsichtlich der Evaluierung von Arbeitsplätzen für Jugendliche sind gemäß § 23 KJBG u.a. Körperkraft, Alter und Stand der Ausbildung sowie der Unterweisung der Jugendlichen zu berücksichtigen. § 24 KJBG führt die Pflicht zur Unterweisung von Jugendlichen vor der Arbeitsaufnahme, vor der erstmaligen Verwendung von Arbeitsmitteln, Arbeitsstoffen etc. aus und legt zudem fest, dass Unterweisungen mindestens jährlich zu wiederholen sind.
Das KJBG sieht in § 23 (2) die Möglichkeit vor, die Beschäftigung von Jugendlichen in bestimmten Betrieben, mit bestimmten Arbeiten oder unter bestimmten Einwirkungen per Verordnung zu untersagen bzw. einzuschränken. Die resultierende KJBG-VO verbietet u.a. die Bedienung gefährlicher Arbeitsmittel in § 6 (1), „an denen durch bewegte Werkzeuge und Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugsstellen bilden, oder durch andere Gefahrstellen eine besondere Gefahr von Verletzungen gegeben ist“ und sieht dafür gewisse Ausnahmen vor.
Derartige Arbeiten an Fräsmaschinen sind Jugendlichen verboten, ausgenommen nach 18 Monaten Ausbildung bzw. mit Gefahrenunterweisung im Rahmen des Berufsschulunterrichts nach 12 Monaten, im Lehrbetrieb unter Aufsicht; © G. Oberdorfer, AUVA.
Gefahrenunterweisung im Berufsschulunterricht
Um trotz der Einschränkungen die Berufsausbildung zu ermöglichen, dürfen Lehrlinge nach einer Ausbildungszeit von 18 Monaten bzw. mit nachweislich absolvierter Gefahrenunterweisung im zugehörigen Berufsschulunterricht bereits ab 12 Monaten Ausbildungszeit im Lehrbetrieb unter Aufsicht einer geeigneten fachkundigen Person mit jenen Arbeitsmitteln arbeiten, die für die Ausbildung unbedingt erforderlich sind (z.B. laut Berufsbild). Der Nachweis über die absolvierte Gefahrenunterweisung muss dem Lehrbetrieb vorliegen. Diese Gefahrenunterweisung gemäß § 1 Abs. 5 KJBG-VO ist eine spezielle theoretische und praktische Unterweisung zur Unfallverhütung nach Richtlinien der AUVA im Ausmaß von mindestens 24 Unterrichtseinheiten des mit der jeweiligen Lehre verbundenen Berufsschulunterrichts. Sie kann nicht durch eine anderweitige „Gefahrenunterweisung“ ersetzt werden und eine (eingeschränkte) Gefahrenunterweisung im Lehrbetrieb kann als Ersatz nur im Einzelfall und mit Ausnahmegenehmigung der Arbeitsinspektion erfolgen. In jedem Fall müssen Jugendliche gemäß § 24 KJBG auch im Betrieb unter Verantwortung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unterwiesen werden.
Leider absolvieren längst nicht alle Lehrlinge im ersten Berufsschuljahr diese Gefahrenunterweisung, obschon laut einschlägigem Erlass des Bildungsministeriums diese de facto ohne Haftungsrisiko für Lehrkräfte erfolgen kann, wenn:
- an der Berufsschule alle laut Richtlinien der AUVA geforderten und für diesen Lehrberuf erforderlichen Arbeitsmittel vorhanden sind,
- alle Unterrichtseinheiten nachweislich absolviert wurden (d.h. keine Fehlstunden) und
- die Gefahrenunterweisung 24 Stunden des Regelunterrichts umfasste.
Angebot der AUVA
Die AUVA unterstützt Berufsschulen zusätzlich zu den o.a. Richtlinien zur Gefahrenunterweisung im Berufsschulunterricht auch mit einschlägigen Medien, wie etwa der Broschüre „Sicheres Arbeiten in der Tischlerei“ oder durch Beratungen und Hilfestellungen vor Ort bei der Gestaltung der Gefahrenunterweisung. Ziel eines aktuell anlaufenden AUVA-Projektes ist es, das Angebot an Hintergrundinformation, Lehrmedien und -behelfen in fachlicher Breite und Tiefe auszubauen.
Mehr Informationen unter Sichere Lehrlingsausbildung (auva.at).
Allgemeine Unfallversicherungsanstalt
DI Georg Oberdorfer | Experte für Maschinensicherheit