Gender & Diversity am Arbeitsplatz

Geschlechtergerechte Arbeitswelt – wie können wir allen Beschäftigten gerecht werden? In Österreich ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als Staatszielbestimmung seit 1998 in Artikel 7 Abs. 2 der österreichischen Bundesverfassung verankert.

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (§ 4 ASchG) als rechtliche Grundlage für Arbeits- und Sicherheitsschutz am Arbeitsplatz fordert die Berücksichtigung von Genderaspekten in der Evaluierung von Gefahren und Belastungen und entsprechende Festlegung der Schutz- und Präventionsmaßnahmen. Die Einbeziehung der Genderperspektive muss dazu auf allen betrieblichen Ebenen, bei allen Tätigkeiten und in allen Arbeitsschutzbereichen erfolgen.

Das heißt, eine geschlechtsspezifische (w/m/d) Evaluierung und Risikoanalyse ist sinnvoll, denn ein geschlechtsneutraler Ansatz im ArbeitnehmerInnenschutz kann insbesondere bei der Evaluierung des Arbeitsplatzes dazu führen, dass Risiken für Beschäftigte nicht ausreichend wahrgenommen werden.

Das Geschlecht (w/m/d) hat einen wesentlichen Einfluss auf Gesundheit bzw. Krankheit. Geschlechtsspezifische Unterschiede wirken sich auf das gesamte medizinische Spektrum aus – von gesundheitsbezogenen Verhaltensweisen und Prävention über Symptome, Krankheit und Diagnose bis hin zu Therapie und Rehabilitation. In der Vergangenheit haben sich medizinische Forschung und Versorgung hauptsächlich auf die männliche Physiologie konzentriert. Dass Frauen nicht einfach kleinere Männer sind und auch die Gruppe der Frauen und Männer divers und nicht homogen ist, findet erst langsam Einzug in unsere Gedankenmuster.

Die Exposition gegenüber Risikofaktoren und deren Auswirkung hängen nicht nur mit berufsspezifischen Bedingungen, sondern auch mit zahlreichen soziokulturellen Merkmalen zusammen und können in Kombination mit den biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern eine gesundheitliche Ungleichheit am Arbeitsplatz begünstigen.

Das Setzen von gendersensiblen Präventionsmaßnahmen ist somit unabdingbar und führt zu einer Verbesserung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz für Alle und unterstützt die Chancengleichheit bei gesunden und sicheren Arbeitsbedingungen.

In Österreich besteht noch immer eine starke Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt, das heißt, viele Beschäftigte arbeiten in sogenannten „Frauen“- oder „Männerberufen“ bzw. sind Menschen mit Migrationshintergrund oft nur in bestimmten Branchen tätig. Frauen arbeiten öfter in schlechter bezahlten Dienstleistungsbereichen, wie z. B. im Gesundheits- und Sozialwesen und sind oft zusätzlich Doppelbelastungen ausgesetzt, denn der überwiegende Anteil unbezahlter Arbeit wie Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen wird nach wie vor von Frauen verrichtet. Frauen schaffen selbst bei gleichem Bildungsniveau seltener als Männer den Aufstieg in Führungs- und Entscheidungspositionen.

Das hat zur Folge, dass Frauen bestimmten arbeitsplatzbedingten Gefährdungen wie z. B. emotionaler Belastung, Risiko von Belästigung und Gewalt, Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen (Zwangshaltung) etc. vermehrt und länger ausgesetzt sind als Männer mit den entsprechend negativen Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit.

Ein geschlechtsspezifischer differenzierter Ansatz im ArbeitnehmerInnenschutz, der auch Eigenschaftszuschreibungen wie vorgezeichnete Rollenbilder und Erwartungshaltungen hinterfragt, kann dazu beitragen, Sicherheit und Gesundheitsschutz für alle zu verbessern. Präventionsmaßnahmen sollen und dürfen nicht aufgrund des Geschlechts diskriminieren, sondern müssen für alle Beschäftigten wirksamen Sicherheits- und Gesundheitsschutz gewährleisten.

Im interdisziplinären AUVA-Webinar am 4. Mai 2023 „Gendergerechter Arbeitsplatz – wie geht das?“ wird auf die unterschiedlichen Risiken und Belastungen am Arbeitsplatz eingegangen. Gemeinsam mit den Teilnehmenden werden entsprechende Maßnahmen für geschlechtergerechte Arbeitsbedingungen erörtert.

Das Webinar richtet sich an:

  • Arbeitsmediziner:innen

  • Arbeits- und Organisationspsycholog:innen

  • Ergonom:innen

  • Sicherheitsfachkräfte

  • Führungskräfte, Personalverantwortliche

  • … und alle, die an Genderfragen interessiert sind

Folgende Inhalte werden im Rahmen des Webinars diskutiert:

  • Daten & Fakten

  • Soziokulturelle Aspekte, Rollenbilder und Rollenstereotype

  • Gendergerechter Arbeitnehmer:innenschutz aus Sicht der Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie, Ergonomie und Sicherheitstechnik.

  • Geschlechterdifferenzierung bei der Risikoanalyse und Maßnahmensetzung

 

Allgemeine Unfallversicherungsanstalt

Dr.in Isabel Kaufmann | Arbeitsmedizinerin in der Abteilung Unfallverhütung und Berufskrankheitenbekämpfung | isabel.kaufmann@auva.at