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10 Jahre Evaluierung psych. Belastung (AUVA)

Mit der Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes 2013 hat der Gesetzgeber unter anderem klargestellt, dass bei der Gefahrenverhütung sowohl physische als auch psychische Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen, zu berücksichtigen sind. Weiters versteht das Gesetz unter Gesundheit die physische als auch die psychische Gesundheit. Damit haben die psychische Gesundheit und die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung eine prominente Rolle im Arbeitnehmer:innenschutz erhalten. Was hat sich in den letzten 10 Jahren getan und was sind die aktuellen Herausforderungen bei der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung?

Mit den Klarstellung bezüglich der Begrifflichkeiten zu Belastungen und Gesundheit in der Novelle hat die psychische Gesundheit eine wichtige Rolle im Arbeitnehmer:innenschutz erhalten und die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung ist in den Fokus des Arbeitnehmer:innenschutzes gerückt.

Situation zu Beginn

Was versteht man unter psychischer Belastung? Was machen Arbeitspsychologen:-psychologinnen im Betrieb? Auch Fragen nach geeigneten Verfahren und wer die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung im Betrieb durchführen soll, wurden in den Betrieben, aber auch unter den Experten:Expertinnen im Arbeitnehmer:innenschutz oftmals emotional diskutiert.

All diese Fragen führten zu einer großen Nachfrage bei den Beratungen und Schulungen der AUVA. Neben Fragen zum Vorgehen und zur Durchführung der Arbeitsplatzevaluierung stand die Klärung des Begriffs der psychischen Belastung im Mittelpunkt der Angebote: Es geht um die Analyse und Bewertung der Arbeitsbedingungen, d.h. der Gesamtheit der Einflüsse, die von außen auf den arbeitenden Menschen einwirken und ihn psychisch beeinflussen (also z.B. Zeitdruck, Störungen im Arbeitsablauf, Informationsmangel). Nicht Gegenstand der Ermittlung und Beurteilung sind die Auswirkungen der Belastung im Individuum, wie z.B. Zufriedenheit, Stresserleben oder Burnout.

Was ist in den 10 Jahren passiert?

Vor 10 Jahren waren die Begriffe psychische Belastung und Arbeitspsychologie noch stark mit psychischer Erkrankung und Therapie assoziiert und lösten entsprechende Unsicherheiten aus. In Schulungen und Beratungen zeigt sich, dass heute ein deutlich realistischeres Bild von arbeitspsychologischen Themen besteht.

Die anfangs dominierenden Fragen nach der Methode bzw. dem Instrument zur Evaluierung psychischer Belastung werden zunehmend von Fragen nach dem Prozess abgelöst. Aus den Erfahrungen der letzten 10 Jahre lassen sich Erfolgskriterien für eine gelungene Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung ableiten: Zum Beispiel trägt eine durchgängige und transparente Kommunikation im Betrieb mit den Mitarbeitern:Mitarbeiterinnen über die Evaluierung zum Gelingen bei. In Betrieben, in denen bereits eine gute Partizipationskultur herrscht, ist die Evaluierung erfolgreicher und auch in jenen, in denen der:die Arbeitgeber:in hinter der Evaluierung steht und diese voll unterstützt. Wichtig ist auch, dass es im Betrieb eine Person gibt, die den Prozess kontinuierlich vorantreibt und auch immer wieder darauf achtet, dass der Plan eingehalten wird und darüber informiert.

Die AUVA bietet drei Verfahren mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen an, die von österreichischen Betrieben kostenlos zur Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung eingesetzt werden können und unter folgendem Link abrufbar sind: 

https://www.eval.at/de/evaluierung-psychischer-belastung/verfahren-zur-evaluierung-psychischer-belastung/

Seit 2013 steht die Arbeits-Bewertungs-Skala ABS-Gruppe (Molnar, Prinkel, Friesenbichler, 2013) als Gruppeninterview zur Verfügung. Das Verfahren deckt bereits mehrere Schritte des Evaluierungsprozesses ab: Im Gruppensetting werden Belastungsfaktoren erhoben, bewertet und Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Seit 2014 wird der klassische Fragebogen KFZA – Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse (Prümper, Hartmannsgruber, Frese; 1995) auch als Online-Fragebogen angeboten. Das neueste Angebot ist das Einzel- und Kleingruppeninterview EVALOG – Evaluierung psychischer Belastung im Dialog (Prümper, Vowinkel; 2019). Es wurde speziell für Kleinstbetriebe entwickelt, kann aber auch in größeren Betrieben für kleinere Tätigkeitsbereiche eingesetzt werden.

Neue Herausforderungen

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit und damit auch auf die Arbeitsplatzevaluierung werden zwar vermehrt thematisiert, die Praxis zeigt jedoch, dass entsprechende Belastungsfaktoren noch zu wenig systematisch in die Arbeitsplatzevaluierung einbezogen werden. Am häufigsten wird derzeit die Belastung im Rahmen von Telearbeit oder hybrider Arbeit beleuchtet. Aber auch Auswirkungen durch die Automatisierung von Aufgaben, die Arbeit mit KI-basierten Systemen oder fortgeschrittener Robotik sowie der Einsatz intelligenter digitaler Systeme zur Verbesserung des Arbeitnehmer:innenschutzes werden Betriebe und Experten:Expertinnen im Arbeitnehmer:innenschutz im Allgemeinen und bei der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung im Besonderen zunehmend beschäftigen.

 

Quellen

Molnar, M., Prinkel, M. & Friesenbichler, H. (2013). Evaluierung psychischer Belastungen. Die Arbeits-Bewertungs-Skala – ABS Gruppe. AUVA: Wien.

Prümper, J., Hartmannsgruber, K. & Frese, M. (1995). KFZA – Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie.

Prümper, J. & Vowinkel, J. (2019). EVALOG – Evaluierung psychischer Belastung im Dialog nach dem österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) für Kleinstbetriebe. AUVA: Wien.