Die Umstellung der Arbeitsorganisation und -weise steht jedoch nicht nur mit der Intensivierung von elektronischen Informations- und Kommunikationstechnologien (z. B. Videotelefonie) im Zusammenhang, sondern auch mit gesundheitlichen Herausforderungen. Gerade im ersten COVID-19-Lockdown, im Frühjahr 2020, konnte das Arbeiten von zuhause aus nicht durchgehend unter gesunden Bedingungen durchgeführt werden. Viele Betriebe und Beschäftigte mussten sich erst auf die geänderten Rahmenbedingungen einstellen und den Arbeitsplatz zu Hause entsprechend adaptieren.
So ist die Arbeit im Home-Office auch mit körperlichen Wohlbefinden verbunden. Viele gesundheitliche Probleme entstehen beispielsweise durch die sitzende Haltung und daher treten nicht selten Verspannungen auf, die zu Muskel-, Skeletterkrankungen in Nacken, Schulter, Handgelenken sowie im Lendenbereich führen können. Eine ungesunde Arbeitsraumgestaltung, schlechte Arbeitsmittel oder zu wenig persönliche Fertigkeiten können sich negativ auf die körperliche Gesundheit auswirken. Wichtig zu betonen ist, dass sich die Arbeit (nicht nur im Home-Office) nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die mentale und soziale Gesundheit von Mitarbeitenden auswirkt bzw. damit im Zusammenhang stehen können.
Was die Gesundheitsförderung und den Gesundheitsschutz betrifft wurden die Arbeitsbedingungen im Home-Office bis zum 1. Lockdown im Zuge der COVID-19-Pandemie noch nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Seitdem wird dieses Thema sehr viel intensiver (u. a. medial) diskutiert. Mittlerweile wurden die gesetzlichen Bestimmungen an diese Veränderungen angepasst und nach und nach liegen immer mehr Erkenntnisse und Hilfestellungen dazu vor.
Neuer Leitfaden für gesundheitsförderliches Home-Office
Der Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) hat auf Basis eines Kooperationsprojekts mit der FH JOANNEUM einen Leitfaden „Gesundheitsförderliches Home-Office“ veröffentlicht. Dieser wirft sehr praxisorientiert einen genaueren Blick auf wichtige gesundheitsrelevante Faktoren der Arbeit im Home-Office, wie z. B. der Arbeitsraumgestaltung, die Arbeitsorganisation oder die individuellen und sozialen Kompetenzen von Beschäftigten und Führungskräften.
Der Leitfaden unterstützt Betriebe und Beschäftigte dabei, Maßnahmen nach dem Ansatz der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) für das Arbeiten im Home-Office ganzheitlich zu überlegen und umzusetzen. Der Leitfaden zeigt Betrieben und Beschäftigten vielfältige Ansatzpunkte dafür, wie Rahmenbedingungen für ein gesundheitsförderliches Arbeiten im Home-Office bzw. hybrides Arbeiten gestaltet werden können. Er bietet zahlreiche Hinweise und Beispiele aus der Praxis und gibt hilfreiche Tipps für Betriebe und Beschäftigte und nennt weiterführende Informationen (Bücher, Leitfäden) und verlinkt zu Websiten und Tools. Das Arbeiten mit dem Leitfaden wird durch Fragen zur Selbstreflexion erleichtert. Außerdem liegt dem Leitfaden ein Selbstcheck-Instrument bei mit dem sich Betriebe oder Abteilungen selbst einschätzen können, wie gut die Bedingungen für ein gesundheitsförderliches Arbeiten im Home-Office sind. Angesprochen werden vor allem innerbetriebliche Verantwortungsträger:innen, BGF-Verantwortliche, Führungskräfte, Team- und Projektleitungen sowie Mitarbeitende, die sich für das gesunde Arbeiten im Home-Office interessieren bzw. sich dafür einsetzen möchten.
Hinweis: Der Home-Office-Leitfaden kann über die FGÖ-Homepage entweder elektronisch oder über das Broschürenservice gratis bestellt werden (https://fgoe.org).
BGF-Maßnahmen im Home-Office
Durch den Wegfall des Weges zur Arbeit und der vielen kleinen Strecken, die Mitarbeitende am Arbeitsplatz immer wieder zurücklegen, kommt es nun an Telearbeitsplätzen zu überaus langen Sitzphasen. Neben dem Stützapparat leiden auch die Augen massiv unter diesen Bedingungen. Um diesen Belastungen entgegen zu wirken, haben Betriebe und Organisationen verschiedene innovative Ideen ins Leben gerufen, um Mitarbeitende im Home-Office gesundheitsförderliche Angebote zur Verfügung stellen zu können.
Im Mittelpunkt steht hierbei ein regelmäßiges Auffordern zum Aktiv-Werden. Ausgebildete Bewegungsmultiplikator:innen können dabei eine zentrale Rolle einnehmen. Sie sind geschult, um die Kollegenschaft für mehr Bewegung zu motivieren. Kurze, online angeleitete, Bewegungspausen schaffen neben der Entlastung des Rückens auch soziale Effekte. Ein Austausch abseits der Tätigkeit kann genutzt werden, um neue Sozialkontakte zu knüpfen oder bestehende Bindungen im Team zu festigen.
Die Servicestellen des Österreichischen Netzwerks BGF bieten interessierten bewegungsaffinen Mitarbeitenden die Multiplikator:innen-Ausbildung „Mitarbeiter:innen bewegen Mitarbeiter:innen“ an und unterstützen damit Betriebe dabei, mehr Bewegung im Arbeitsalltag nachhaltig zu integrieren.
Um eigenständig bewegte Pausen im Home-Office durchzuführen, können auch Kurzvideos eingesetzt werden, die mit Pop-up Nachrichten immer wieder zu kurzen Einheiten einladen. Mit verschiedenen Stabilisierungs-, Dehnungs- und Aktivierungsübungen sowie Entspannungs- und augenentlastenden Einheiten kann so ein abwechslungsreiches Angebot – auch für Mitarbeitende im Home-Office – geschaffen werden.
Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, Beschäftigte und Unternehmen auf die neuen Herausforderungen in der Arbeitswelt vorzubereiten, diese zu begleiten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das trifft insbesondere auf Phasen des tiefgreifenden Wandels (z. B. Digitalisierung, Flexibilisierung und zuletzt COVID-19) in der Arbeitswelt zu, in denen sich zentrale Rahmenbedingungen für Gesundheit und Arbeit stetig verändern.
Lesetipp: Die Arbeiterkammer Wien hat ebenfalls eine neue Broschüre über „Psychische Gesundheit im Home-Office“ veröffentlicht (vgl. https://www.gesundearbeit.at/cms/V02/V02_7.12.a/1342661390842/service/aktuelles/neue-broschuere-psychische-gesundheit-im-homeoffice)
Fonds Gesundes Österreich
Dr. Gert Lang | Gesundheitsreferent
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau
Michaela Rathmanner MA