Gesundheitszustand
Obwohl die Lebenserwartung steigt, sind zwei Drittel der Bevölkerung von chronischen Erkrankungen und Gesundheitsproblemen betroffen, die größtenteils mit einem ungesunden Lebensstil und sozialen Gesundheitsdeterminanten assoziiert sind. Hierzu zählen insbesondere Probleme mit dem Bewegungsapparat (chronische Rücken- und Nackenschmerzen, Arthrose), Diabetes, Asthma, COPD, Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Depressionen. Trotz positiver Entwicklungen bei der Inzidenz von Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist bei Gesundheitsproblemen des Bewegungsapparats ein Anstieg zu beobachten. Die Prävalenz von Allergien, chronischen Kopfschmerzen, Diabetes, Asthma, COPD und von Depressionen ist etwa auf dem Niveau von 2014 geblieben. Insgesamt führt die Krankheitslast chronischer Erkrankungen dazu, dass Frauen derzeit 19,5 und Männer 16,4 Lebensjahre in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit verbringen. Ein Drittel der österreichischen Bevölkerung ist zudem gesundheitsbedingt im Alltag eingeschränkt, zwei von fünf Personen sind von körperlichen und/oder sensorischen Einschränkungen betroffen und jede:r Siebte von Erinnerungs- und Konzentrationsschwierigkeiten. Verschlechterungen zeigen sich beim sozialen Wohlbefinden, der Lebensqualitätsdimension, die ohnehin am schlechtesten bewertet wird.
Gesundheitsverhalten und Gesundheitskompetenz
Mit Ausnahme der Prävalenz täglicher Raucher:innen sind beim Gesundheitsverhalten sowie bei Übergewicht und Adipositas keine positiven Entwicklungen festzustellen. Adipositas ist angestiegen, und das Ernährungs- und Bewegungsverhalten hat sich tendenziell verschlechtert, während der Alkoholkonsum gleich geblieben ist. Rund jede:r Zweite verfügt über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz und hat Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen und -angeboten. Besonders große Herausforderungen bestehen beim Umgang mit digitalen Informationen und Informationsquellen sowie bei der Navigation im Gesundheitssystem.
Arbeit und Gesundheit
Positive Entwicklungen sind bei der Arbeitslosigkeit und bei den Arbeitsunfällen zu verzeichnen, wobei Österreich bei der Arbeitslosigkeit unter und bei den Arbeitsunfällen über dem EU-Durchschnitt liegt. Probleme bestehen jedoch bei der (Re-)Integration Langzeitarbeitsloser und gesundheitlich eingeschränkter Personen in den Arbeitsmarkt: So ist die Langzeitarbeitslosigkeit zwischen 2013 und 2017 deutlich angestiegen und verharrt seither auf hohem Niveau, und auch die Arbeitslosigkeit aufgrund gesundheitlicher Vermittlungseinschränkungen steigt seit 2008 kontinuierlich.
Ein Drittel der unselbstständig erwerbstätigen Personen ist atypisch beschäftigt, d.h. entweder in Teilzeit, befristet oder nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dieser Anteil ist seit 2012 weitgehend konstant geblieben. Bei der Teilzeitquote, der häufigsten Form atypischer Beschäftigung, liegt Österreich im europäischen Vergleich bei den Frauen deutlich über dem EU-Durchschnitt. Die gleichberechtigte Integration der weiblichen Bevölkerung in den Arbeitsmarkt bleibt daher eine vorrangige Aufgabe, vor allem um ihre finanzielle Absicherung und Unabhängigkeit zu gewährleisten. Vier von fünf Erwerbstätigen sind bei der Arbeit körperlichen Belastungen ausgesetzt, das sind sechs Prozentpunkte mehr als noch 2013. Eine deutliche Zunahme ist in den Kategorien „starke Anstrengung der Augen“ und „schwierige Arbeitshaltungen und Bewegungsabläufe“ zu beobachten, beides Belastungen, die auch mit der Zunahme von Büro- und Bildschirmarbeit einhergehen. Zwei von fünf Erwerbstätigen sind von Zeitdruck und Arbeitsüberlastung betroffen, ein ähnlich hoher Wert wie 2013. Ein Fünftel aller unselbstständig Erwerbstätigen leistet Überstunden, wobei hier bei den Männern zwischen 2005 und 2019 ein deutlicher Rückgang zu beobachten ist. Zeitdruck, Arbeitsüberlastung und Überstunden wirken sich negativ auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben aus.
Chancengerechtigkeit
Männer sind am Arbeitsplatz stärker von körperlichen Belastungen, ungünstigeren Arbeitsbedingungen, Arbeitsunfällen sowie von Zeitdruck und Arbeitsüberlastung betroffen. Frauen hingegen sind seltener erwerbstätig und weisen – im Falle einer Erwerbstätigkeit – häufiger ein atypisches Beschäftigungsverhältnis auf.
Als besonders gesundheitlich benachteiligt erweisen sich Personen mit geringer formaler Bildung und solche mit niedrigem Haushaltseinkommen. Sie haben eine geringere Lebenserwartung, sind häufiger chronisch krank, haben mehr Einschränkungen im Alltag, eine geringere Lebensqualität und verbringen mehr Lebensjahre in mittelmäßiger bis sehr schlechter Gesundheit. Dieser Unterschied ist vor allem auf einen ungünstigeren Lebensstil, eine benachteiligte Arbeits- und Lebenssituation und auf Unterschiede in der Inanspruchnahme von Früherkennungsangeboten und der medizinischen Versorgung zurückzuführen.
Mehr erfahren:
Österreichischer Gesundheitsbericht 2022
Gesundheit Österreich GmbH
Robert Griebler | Senior Health Expert Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Gesundheitssystem
Petra Winkler | Senior Health Expert Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit